Von David Ittekkot
Ein Gespenst geht um in der Bundesrepublik: Rot-Rot-Grün. Allerdings hat kaum noch wer Angst davor, sieht man mal von den KollegInnen von der Union ab, die vor nichts weniger als dem Untergang der Welt warnen, wenn diese Regierungskoalition auf Bundesebene zustande kommt. Wenn Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär, nicht gerade gegen fußballspielende MinistrantInnen aus dem Senegal hetzt, sagt er Sätze wie die folgenden: „Es geht darum, Rot und Grün zum Schwur zu verpflichten, dass sie kein Linksbündnis eingehen.“ Dies sei der Weg in eine „linke Republik“.
Ich muss sagen: Damit kann er mich nicht erschrecken – und schon gar nicht zu irgendeinem Schwur verpflichten. Wenn es nach mir ginge (und ich glaube, bei Jusos und SPD stehe ich damit nicht alleine da), würden wir gleich morgen früh vor die Presse treten und keinen Zweifel daran lassen, dass wir auch in einer rot-rot-grünen Koalition eine Bundesregierung stellen würden.
Denn seien wir mal ehrlich: In einer Demokratie geht es um Alternativen. Der Vorwurf, dass Union und SPD sich inhaltlich zu nahe gekommen sind, ist leider absolut berechtigt. Die SPD hat sich mit Hartz IV und co. in Richtung der vermeintlichen „Neuen Mitte“ bewegt und sicherlich hat auch die Union einige konservative WählerInnen durch etwas progressivere Politik als sonst verprellt – für uns als Jusos teilweise begrüßenswert, aber demokratietechnisch…?
In den letzten Bundestagswahlen wurde weiterhin von rot-grün schwadroniert, obwohl diese Koalition mit einer LINKEN, die 10 Prozent oder mehr einfährt, einfach keine realistische Option mehr ist. Dieses Verschließen der Augen vor der Realität hat dazu geführt, dass wir ganz automatisch 2013 in eine Große Koalition geschlittert sind – in die zweite innerhalb von drei Legislaturperioden. Ein mahnendes Beispiel, wozu das führen kann, kann man in Österreich betrachten. In 29 Legislaturperioden von unterschiedlicher Länge seit 1945 waren SPÖ und ÖVP (die Äquivalente zu SPD und Union) 21 mal gemeinsam in einer Bundesregierung. Nun konnte knapp ein Bundespräsident von der rechtspopulistischen bis rechtsradikalen FPÖ verhindert werden – da die Wahl für ungültig erklärt wurde hat er im Dezember die nächste Chance.
Mit einer immer stärker werdenden AfD in Deutschland muss deshalb klar sein: Die Zeit der GroKo ist vorbei! Wir müssen nun wieder zwei politische Pole mit alternativen Gesellschaftsentwürfen bieten. Und für uns bedeutet das: Wir brauchen ein linkes Programm für die Bundestagswahl und müssen endlich in Verhandlungen mit der LINKEN treten, anstatt diese zu dämonisieren.
Wir dürfen auch nicht der Union auf den Leim gehen: Ihr Geschwurbel zielt ausschließlich darauf ab, eine linke Machtoption gleich von Anfang an abzuschießen. Doch eine linke Republik, in der wieder umverteilt wird, in der die öffentliche Daseinsvorsorge funktioniert, in der jede und jeder diskriminierungsfrei leben kann und in der die Verantwortlichen auf internationale Solidarität pochen (mit Geflüchteten, mit Griechenland und mit allen anderen), das ist genau das, was die Jusos und auch die Mehrheit der SozialdemokratInnen wollen. Und, davon bin ich überzeugt, das ist, wenn wir es richtig vermitteln, auch mehrheitsfähig!
Deshalb keine Angst, Herr Scheuer, selbst für Sie finden wir in unserem Gesellschaftsentwurf einen Platz – und sei es als Oppositionsschreihals. Darum sage ich: Auf in die linke Republik!