Die Bezeichnung „Tag der Befreiung“ ist ein Euphemismus, es stellt sich unmittelbar die Frage: Wer wurde hier eigentlich befreit? Mit der Bezeichnung als „Tag der Befreiung“ versuchen Deutsche sich in die Reihe der Opfer zustellen und da gehören sie nicht hin.
Am 8. April 1945 beendeten die Alliierten den von Deutschland begonnenen 2. Weltkrieg und den deutschen Faschismus. Die Folgen: ein Neuanfang mit demokratischen Fundament. Während in der DDR der 8. Mai als Tag der Befreiung zum Feiertag wurde, spielte das Datum in der frühen Bundesrepublik Deutschland keine Rolle. Lediglich Alt- und Neonazis trauerten an diesem Tag über den verlorenen Krieg. Als erste Bundeskanzler gab Willy Brandt 1970 eine offizielle Regierungserklärung anlässlich des 25. Jahrestages im Deutschen Bundestag ab und rückte damit den Tag wieder in kollektive deutsche Gedächtnis. Vertreter der CDU/CSU-Opposition versuchten dies zu verhindern und erklärten „Niederlagen feiert man nicht“ und „Schande und Schuld verdienen keine Würdigung“.
In den weiteren Jahrzehnten bis heute entwickelte sich der Tag zu einem Gedenktag. 2019 stieß die Shoa-Überlebende Esther Bejarano die Debatte über eine Ernennung zum offiziellen Feiertag an. Sie startete eine Petition, die mittlerweile mehr als 100.000 Menschen unterzeichnet haben. Die Petition kann hier unterstützt werden.
An der Person Esther Bejarano lässt sich gut zeigen, was der 8. Mai eigentlich für eine Bedeutung hat und was Befreiung bedeutet. Der 8. Mai symbolisiert für Verfolgte und Opfer der NS-Regimes nicht nur das Ende des Krieges, sondern auch vielfach das Ende der eigenen Verfolgung. Sie wurden von den Alliierten befreit, aus Lagern geholt und vor dem Tod gerettet.
Es bleibt wichtig festzuhalten, dass nicht Deutschland befreit wurde – und schon gar nicht die deutsche Mehrheitsbevölkerung – sondern Menschen wie Esther Bejarano von der Diktatur dieser Menschen befreit wurde. Wir müssen daran erinnern, dass Deutschland und die Deutschen sich nicht ohne Gegenwehr haben befreien lassen. Im Volkssturm und in Hinterhalten kämpften Deutsche bis zu letzt gegen die „Befreier“ und für Führer, Volk und Vaterland.
Vom Nationalsozialismus und Faschismus befreit wurden auch die Europäischen Nachbarn und von der Wehrmacht besetzten Gebiete, denen Deutschland einen Weltkrieg aufgezwungen hatte. Sie feiern den Tag als Victory-Day, verständlich schließlich fassen sie sich selbst mehrheitlich nicht unter die Passivformulierung des befreit werdens.
Nun, wie also umgehen mit dem Tag der Befreiung? Es ist ein Gedenktag. Wir sollten ihn zum Anlass nehmen sollten, als Deutsche zu gedenken und zumahnen, dass nie wieder Deutschland über allem steht, nicht über allem andern in der Welt und nicht über Menschen. Jede*r Deutsche trägt eine Verantwortung dafür, dass nie wieder solches Übel und solches Leid von deutschem Boden ausgehen. Nie wieder darf es nötig sein müssen, dass sich der Rest der Welt von deutschen Ketten befreien muss.