Studierende werden unter Strafandrohung gezwungen, ihre StugA-Plakate zu entfernen, während Red Bull scheinbar alle Freiheiten hat, uns auf dem Uni-Boulevard zu nerven. Zugunsten einer nur an Gewinn interessierten Kommerzialisierung werden Möglichkeiten für studentische Angebote auf dem Campus eingeschränkt – eine kritische Schieflage.
von Tom Seiler
Entsprechend des linken Rufes unserer Uni hatten Hochschulgruppen und Stugen im Vergleich zu anderen Unis bisher relativ gute Möglichkeiten, auf dem Campus mit Plakaten und Flyern für ihre Angebote zu werben. Diese Freiheiten gehören aber zunehmend der Vergangenheit an: Zuletzt wurde dem StugA Politikwissenschaft und dem StugA Informatik angeblich irrtümlich angedroht, 1000 Euro Strafe zahlen zu müssen, sollten sie einige, auf dem Campus aufgehängte Plakate für selbst organisierte Partys nicht umgehend entfernen. Was ist schiefgelaufen?
Überall in Deutschland findet eine Kommerzialisierung der existierenden Flächen auf den Campus der Universitäten statt. Auch die Uni Bremen hat einen Vertrag mit dem Unternehmen „Deutsche Hochschulwerbung“ abgeschlossen und das nun für die meisten potentiellen Werbeflächen auf dem Campus über das alleinige Recht verfügt, diese gegen ein Entgelt Dritten anzubieten. Wenn bspw. Red Bull also mal wieder auf dem Boulevard seine Spiele veranstaltet, ist dafür Geld geflossen. Dieses kommt aber nur zu einem Teil der Uni zu Gute, zum anderen Teil eben der „Deutschen Hochschulwerbung“, einem Privatunternehmen, das sich für Studierende nur zum Zweck der Gewinnmaximierung interessiert. Außerdem lässt sich nicht ohne Weiteres in Erfahrung bringen, wie groß die Anteile sind, da der Vertrag nicht einsehbar ist.
Wenn ein StugA – also eine von Studierenden selbstorganisierte Gruppe – nun versucht, abseits sehr eng definierter Flächen, die den Stugen weiterhin zu Verfügung stehen, für seine Angebote, Veranstaltungen usw. zu werben, verstößt er damit gegen das Recht der „Deutschen Hochschulwerbung“ die Flächen zu vermieten. Theoretisch könnte der StugA natürlich wie ein beliebiges Unternehmen dafür bezahlen diese nutzen zu dürfen, aber die wenigsten Stugen können oder wollen sich das leisten. Die finanziellen Mittel sind begrenzt und sollten doch lieber in coole Angebote wie Erstifahrten, Partys oder ein gemeinsames Frühstück zum Austausch unter Studierenden fließen, statt in die Taschen eines Privatunternehmens, das von bereits existierenden Werbeflächen profitiert.
Hinter der beschriebenen Organisation des Zugangs zu Werbemöglichkeiten an der Uni steckt eine seltsam verdrehte Prioritätensetzung: Kommerzielle Angebote werden studentischen vorgezogen. Einige scheinen den Campus als riesige Werbetafel zu sehen und attackieren alle, die sich nicht der Kommerzialisierung unterordnen wollen. Damit verletzen sie die Idee der Universität als ein Ort des Lernens und Forschens, an dem sich Studierende gegenseitig unterstützen können. Studierende, die sich für ihre Kommiliton*innen engagieren, sollten keine hohen Geldstrafen befürchten müssen, nur weil ein paar Plakate an der angeblich falschen Stelle hängen. Es sollte möglich sein, auf dem Uni-Campus für studentische Veranstaltungen und Angebote zu werben, ohne sich dafür an ein Privatunternehmen wenden zu müssen. Der Rektor und der Akademische Senat sind jetzt gefordert, die Fehlentwicklung rückgängig zu machen und studentische Initiativen zu unterstützen, statt sie in ihren Möglichkeiten einzuschränken. Es gibt schon genug kommerzielle Werbung in der Öffentlichkeit – der Campus sollte als Ort studentischer Selbstorganisation eine andere Rolle einnehmen!